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Bauwerkstypologie: Badehaus

Badehaus

 

Definition

Ein Badehaus/Badhaus ist ein Gebäude mit einem oder mehreren Räumen zum Baden. Die Badestube/Badstube hingegen ist nur der Raum, in dem das eigentliche Bad stattfindet. Das Wort Stube kommt aus dem althochdeutschen von "stioban" oder "stieben", das "dampfen" bedeutet.1

 

Geschichte

Seit Mitte des 12. Jahrhunderts gibt es Nachweise über Badehäuser.2 Die ersten Badestuben im frühen Mittelalter gab es nur in Palästen und Klöstern.3 Sie galten auch später als fester Bestandteil einer mittelalterlichen Residenz.4 (siehe Abb. 1) Öffentliche Badehäuser breiteten sich mit der großen Badeleidenschaft nach und nach in den mittelalterlichen Städten aus. Im Spätmittelalter hatte auch jedes wohlhabende Stadthaus eine eigene Badestube. Am Anfang waren Badehäuser nur öffentliche Schwitzbäder, dann auch Wannen- und Bassinbäder.5

 

 

Abb.1: Spätmittelalterliches Badehaus. Zeichnung aus dem Mittelalterlichen Hausbuch. E. 15. Jh. [+]

 

Badehäuser wurden meistens von Zünften organisiert.6 Sie galten als Ort der Geselligkeit und man sprach häufig über politische Geschehnisse. Das Baden wurde von allen Schichten regelmäßig zur Reinigung, Gesunderhaltung, Gesundung und Unterhaltung durchgeführt.7 Zum Baden gehörten die gesamte Körperpflege, sowie teilweise auch medizinische Eingriffe, die auch vom Bader durchgeführt wurden. Dadurch erlangte er großes Ansehen in der mittelalterlichen Gesellschaft.8 In den ersten Badehäusern gab es erst keine Geschlechtertrennung oder Baderegeln in den Badestuben.9 Diese wurden erst ab dem 16. Jahrhundert eingeführt.10 Es gibt auch Belege, dass die Badehäuser nach dem Einkommen, mit einer isolierten Badestube, getrennt sein sollten.11 "Im Schwitzbad waren die Badegäste nackt, im Wasserbad trugen Frauen eine Art Schürze, Männer hüllten sich in Badhemden."12

Die Anzahl der Badehäuser in einer Stadt war abhängig von der Einwohnerzahl.13 Die meisten lagen an Flüssen, Brunnen oder Quellen, da man fließendes Wasser benötigte. Auch lagen sie eher am Stadtrand oder vor den Stadttoren. Gründe dafür waren die Brandgefahr, der vorbei strömende Verkehr, der Kunden brachte, und die bessere Belieferung von Holz und Beseitigung von Abwasser.14 Es gab auch Wildbäder, die aus natürlichen offenen Wasserbecken bestanden und meist weiter außerhalb der Stadt lagen. Häufig war ein Wirtschaftsbetrieb zur Bewirtung der Badehäuser an sie angegliedert.15 Das Ende der Badehäuser kam mit den typischen mittelalterlichen Krankheiten, wie der Pest, der Cholera und Syphilis, da die Ansteckungsgefahr in Menschenansammlungen zu hoch war.16

 

Aufbau und Ausstattung

 

   

Abb.2: Eberbach, Badehaus (Aufnahme von 1969) [+]

 

 

Abb.3: Eberbach, Querschnitt des Badehauses [+]

     

Mittelalterliche Badehäuser bestanden oft aus einem massiven Erdgeschoss und einem Obergeschoss aus Fachwerk und die Funktion des Gebäudes konnte man von außen nicht erkennen. Die Baderäume lagen meistens im Erdgeschoss und die Wohnung des Baders im Obergeschoss.17
(siehe Abb.2)
   

 

 

Abb.4: Eberbach, Badehaus, ehemalige Badestube mit Blick aus dem Heizraum [+]

Vor dem Haus hatten sie manchmal einen kleinen Garten.18 Die typische Raumaufteilung eines Badehauses begann mit dem Vorraum. Dieser wurde je nach Größe des Hauses auch als Auskleideraum genutzt und man nahm dort das "Vorbad" zur ersten Körperreinigung.19 Vom Vorraum aus kam man zu den Badestuben mit Wannen- und Schwitzbädern. Je nach Größe gab es neben der Badestube noch beheizte Ruheräume, Küchen, einen extra Auskleideraum oder weitere Nebenräume für medizinische Behandlungen. Es gab immer einen zentralen Heizraum, der meistens tiefer als die anderen Räume lag, der die Räume beheizte und auch als Lager für die großen Mengen Holz genutzt wurde.20 „Bis ins 13. Jahrhundert hinein waren die Badestuben alle ungewölbt“21, dann wurden sie hauptsächlich durch tonnengewölbte Steindecken ersetzt. (siehe Abb.3 und 4) So konnte man die Brandgefahr und statische Risiken verringern. Viele ungewölbte Badestuben brannten damals wegen vermoderter Holzdecken ab.22 Die Fußböden waren aus Ziegelpflaster oder Sandsteinplatten, in die eine Ablaufrinne eingelassen war. Die Fenster waren zum Teil schon verglast.23

Die Badehäuser waren ausgestattet mit einem Ofen, der das Wasser, die Luft oder auch Wannen erwärmte, mit Sitzgelegenheiten und Wasserabläufe, die leicht geneigte Sammelrinnen waren. Die Wannen waren aus Holz, Kuper oder Messing und die badenden Gäste saßen auf Schemeln in den Wannen oder Zubern. Das Bad begann mit der Körperreinigung, darauf folgte das Schwitzen. Der Wasserdampf wurde durch das Übergießen heißer Steine erzeugt. In den Schwitzbädern saß man auf Bänken in unterschiedlicher Höhe.24 In sehr kalten Monaten wurden die Badestuben auch als Wohnräume genutzt, da sie beheizt waren.25

 

Dieburger Badehaus

Es sind nur sehr wenige mittelalterliche Badehäuser in originalem Zustand erhalten, da die meisten umgebaut wurden oder abgebrannt sind. Das Dieburger Badehaus ist eines der Wenigen, die noch erhalten sind. Es besteht aus zwei Geschossen, wovon das untere massiv errichtet wurde. Man betritt das Gebäude durch einen Vorraum, in dem zuerst eine Holzbalkendecke war. Nach einem Brand wurden fast alle Decken im Erdgeschoss eingewölbt. Dies schützte auch die Balkendecke vor dem heißen Wasserdampf.26 Dieser Umbau geschah 1594.27 Das Dieburger Badehaus besitzt zwei an einander liegende Badestuben, deren Gewölbe je durch eine Sandsteinsäule gestützt wird. Es gab dort Dampf-, Schwitz- und Wannenbäder und einen Brunnen, der frisches Wasser lieferte. Neben den Badestuben gab es auch einen Heizraum, sowie Räume zur medizinischen Behandlung und Körperpflege. Das Obergeschoss war ein Fachwerkbau. Es war möglicherweise eine Stiftung oder ein Spital dort angesiedelt, da man Symbole für die Heilige Katharina gefunden hat, die für solch eine Nutzung steht.28

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Architekturbüro Hiltrop: Badhaus Sanierung. Online im Internet: http://www.m-hiltrop.de/index.php?s=81. [Stand: 10.01.2017]

Cremer, Folkhard (2008): Hessen II. Regierungsbezirk Darmstadt. Neubearb. München u.a.: Dt. Kunstverl. (Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler / Georg Dehio. Begr. vom Tag für Denkmalpflege 1900 : Hessen / Georg Dehio).

Steinbauer, Pia (2013): Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters. Hg. v. Reinhessen-Geschichten. Online im Internet: http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/. [Stand: 10.01.2017]

Stolz, Susanna (1992): Die Handwerke des Körpers. Bader, Barbier, Perückenmacher, Friseur ; Folge und Ausdruck historischen Körperverständnisses. Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1992. Marburg: Jonas.

Untermann, Matthias (2009): Handbuch der mittelalterlichen Architektur. Darmstadt: Wiss. Buchges.

Vigarello, Georges; Kaschuba, Wolfgang; Gränz, Linda (1992): Wasser und Seife, Puder und Parfüm. Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter. Frankfurt/Main: Campus-Verl. (Reihe Campus, 1057).

Zeune, Joachim (1999): Badestuben und Badehäuser. In: Böhme, Horst Wolfgang (Hg.): Burgen in Mitteleuropa: ein Handbuch, Bd.1 Bauformen und Entwicklung. Darmstadt: Wiss. Buchges., S. 303–305.

Zoepfl, Friedrich (1937): Bad (Badehaus, Badestube, balneum, balnearium). Hg. v. Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte (Bd. I, Sp. 1372–1381). Online verfügbar unter http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89979. [Stand: 10.01.2017]


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

1 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z.38-40
2 SUSANNA STOLZ, Die Handwerke des Körpers, Bader, Barbier, Perückenmacher, Friseur ; Folge und Ausdruck historischen Körperverständnisses, Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1992, Marburg, 1992, S.75
3 MATTHIAS UNTERMANN, Handbuch der mittelalterlichen Architektur, Darmstadt, 2009, S. 214
4 JOACHIM ZEUNE, Badestuben und Badehäuser. in: Horst Wolfgang Böhme (Hrsg.), Bauformen und Entwicklung, Darmstadt 1999, S. 303
5 F. ZOEPFL, Bad (Badehaus, Badestube, balneum, balnearium), 1937, http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89979
6 GEORGES VIGARELLO, WOLFGANG KASCHUBA, LINDA GRÄNZ, Wasser und Seife, Puder und Parfüm, Geschichte der Körperhygiene seit dem Mittelalter, Frankfurt/Main, 1992, S. 32
7 F. ZOEPFL, Bad (Badehaus, Badestube, balneum, balnearium), 1937, http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89979
8 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z. 68-69
9 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z. 81-82
10 UNTERMANN (Fn. 3), S. 215
11 STOLZ (Fn. 2), S. 80
12 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z. 82-84
13 STOLZ (Fn. 2), S. 75
14 STOLZ (Fn. 2), S. 81
15 F. ZOEPFL, Bad (Badehaus, Badestube, balneum, balnearium), 1937, http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89979
16 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z. 95-99
17 UNTERMANN (Fn. 3), S. 215
18 F. ZOEPFL, Bad (Badehaus, Badestube, balneum, balnearium), 1937, http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89979
19 UNTERMANN (Fn. 3), S. 215
20 STOLZ (Fn. 2), S. 79-80
21 ZEUNE (Fn. 4), S. 303
22 ZEUNE (Fn. 4), S. 303
23 STOLZ (Fn. 2), S. 81
24 P. STEINBAUER, Geselligkeit im Badezuber…, …ein kleiner Einblick in die Badekultur des Mittelalters, 2013, http://www.geschichte-in-rheinhessen.de/kalender/juni-2013/, Z. 45-58
25 ZEUNE (Fn. 4), S. 303- 305
26 ARCHITEKTURBÜRO HILTROP, Badhaus Sanierung, http://www.m-hiltrop.de/index.php?s=81, Z. 1-10
27 FOLKHARD CREMER, Hessen II, Regierungsbezirk Darmstadt, München u.a., 2008, S. 186
28 ARCHITEKTURBÜRO HILTROP, Badhaus Sanierung, http://www.m-hiltrop.de/index.php?s=81, Z. 12-52

 

Abb.1: Zeune, Joachim (1999): Badestuben und Badehäuser. In: Böhme, Horst Wolfgang (Hg.): Bauformen und Entwicklung, Bd. 1. Darmstadt: Wiss. Buchges (Bd. I), S. 304, Abb. 171.
Abb.2: Landesdenkmalamt Bad.-Württemberg (1969): „Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis, Badhaus, 14./15.Jh.“, Aufnahme-Nr. mi05157f07, in: Bildarchiv Foto Marburg. Online im Internet: http://www.bildindex.de/document/obj20501950?medium=mi05157f07. [Stand: 07.02.2017]
Abb.3: Landesdenkmalamt Bad.-Württemberg (1975): „Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis, Badhaus, Querschnitt“, Aufnahme-Nr. mi05157a01, in: Bildarchiv Foto Marburg. Online im Internet: http://www.bildindex.de/document/obj20501951?medium=mi05157a01. [Stand: 07.02.2017]
Abb.4: : Landesdenkmalamt Bad.-Württemberg (1977): „Eberbach, Rhein-Neckar-Kreis, Badhaus, Badstube“, Aufnahme-Nr. mi05157c01, in: Bildarchiv Foto Marburg. Online im Internet: http://www.bildindex.de/document/obj20501950?medium=mi05157c0. [Stand: 07.02.2017]

 

Zitiervorschlag:
Lochte, Annika (2017): „Badehaus“, in: urbs-mediaevalis.de/Studienportal/Gebäudetypologie, URL: www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/funktionsbauten/badehaus.php 

Autorengruppe: Studentinnen und Studentenletzte Aktualisierung dieser Seite: 23. November 2017
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: Lochte, Annika PDF

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