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Bauwerkstypologie: Barbakane

Barbakane

 

Definition

Die sogenannte Barbakane ist ein Wehrbau, der vor allem im Spätmittelalter und der Renaissance Verwendung fand.1 Sie wurde auch „Vorwerk“ genannt und war ein fast isoliertes Außenwerk.2

Sie ist ein der Burg- oder Stadtmauer vorgelagertes Verteidigungswerk, welches eine eigene Befestigungsanlage bildet. Häufig wurde ein runder Innenhof gebildet, der von seitlichen Wehrmauern und einem Ein- und Ausgang umgeben war.3 Ihr Ziel war es, die Burg vor den zunehmenden Feuerwaffen aktiv zu verteidigen. Dies geschah durch eine vorgelagerte Art von Bastion, die es ermöglichte, Kanonen ohne Vorzugsrichtung der Burg vorzuschalten.4
Üblicherweise besaß eine Burg nur eine und nie mehrere Barbakanen.5

 

Geschichte:

Die Barbakane setzte sich als Wehrbaute im Spätmittelalter und der Renaissance durch, da mit dem zunehmenden Einsatz von Feuerwaffen eine neue Art von Verteidigungswerk gefragt war.

Die genaue Herkunft des Vorwerks als auch dessen Namen Barbakane ist nicht hinreichend geklärt. Man vermutet allerdings, dass die Barbakane aus dem arabisch-persischem Raum stammt und über die Kreuzzüge nach Frankreich und England kam.6 Dies legt auch die vermutete Namensherleitung nahe, denn man glaubt, dass Barbakane vom persischen „barbah-hané“ kommt, was Wall bedeutet.7

 

Form und Funktion:

Die Barbakane ist eine Befestigungsanlage mit einem meist runden8 oder halbrunden Grundriss.9 Allerdings gibt es auch Beispiele mit langgestreckter Form oder polygonalem sowie viereckigem Grundriss.10 Sie ist dem Burg- oder Stadttor und dessen äußerem Graben vorgelagert und ein eigenständiger Wehrbau. Zwei Tore dienen zum Ein- und Ausgang, wobei der Ausgang häufig direkt über eine Brücke mit dem Haupttor der Stadt oder Burg verbunden ist.11 Auch eine lange Torpassage ist üblich. Seitlich besteht sie aus Wehrmauern, die einen Innenhof bilden.12

Die Barbakane diente als Kanonenbastion ohne Vorzugsrichtung. Somit wurde durch frei aufgestellte Kanonen ein Einsatz rund um die Befestigung möglich. Dies war eine Maßnahme, um auf die Feuerwaffen in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts zu reagieren.

Zusätzlich ermöglichte die fast komplett isolierte Barbakane mit ihrem Innenhof Ankunftskontrollen. Neuankömmlinge konnten vor Eintreten in Burg oder Stadt, erst durch das Eingangstor der Barbakane geschleust werden und in deren Hof kontrolliert werden. Wurde dann der Eintritt gestattet, so konnte man sie durch den Ausgang aus der Barbakane in die Burg/Stadt führen. Dieser war häufig über eine Brücke direkt mit dem Stadt- oder Burgtor verbunden.13

 

Abbildung 1: Klassische Barbakane (Skizze) [+]

 

Wehrbauten mit ähnlicher Verwendung:

Neben der Barbakane gab es noch mehrere andere Wehrbauten, die eine ähnliche Funktion erfüllten. Die Barbakane setzte sich allerdings mit dem im Krieg zunehmenden Einsatz an Schusswaffen gegen diese durch. Die Ursache hierfür war vor allem der Einsatz von Kanonen ohne Vorzugsrichtung und somit einer höheren Flexibilität. Auch eine Personenkontrolle außerhalb der Burg/Stadt war ein Vorteil.

Zu den alternativen bzw. ergänzenden Wehrbauten zählten unter anderem der Zwinger, der Graben und die Raveline.

Der Torzwinger zum Beispiel war an der Angriffsseite der Burg angebaut (also ebenfalls an der Seite des Tors). Er bestand aus einer äußeren Umwehrung mit mäßig hoher Mauer und bildete somit einen ummauerten Zwischenraum vor der Hauptmauer. Dieser sollte die Bewegungsfreiheit der Angreifer einschränken.14

Auch ein Ravelin war eine Alternative. Dieser war allerdings nur ein Wallschild, das zwar als eigenständiges Werk vor den Mauern stand, aber nur dazu diente, die Flanken von zwei Bastionen zu schützen.15 Hier waren also nicht wie bei der Barbakane eigene Geschütze vorzufinden, sondern es wurde lediglich der Einsatz von Bastionen effektiver gestaltet.

Der Burggraben wurde sehr häufig ergänzend eingesetzt. Nach den Burgmauern kam erst der Graben, hinter diesem wurde dann eine Barbakane angebracht. Dadurch konnte man auch den Zugang zur Burg beschränken, indem nur noch eine Brücke am Ausgangstor der Barbakane den Weg zur Burg sicherte.

 

Beispiele:

Die wahrscheinlich bekannteste und am besten erhaltene Barbakane, steht in Krakau. Sie gilt als größte Barbakane Europas und ist 1498/99 unter der Regierung von Johann Albrecht gebaut worden. Dort ist sie das vorgelagerte Verteidigungswerk vor dem Florianstor.

 

Abbildung 2: Barbakane Krakau [+]


Aber nicht nur außerhalb Deutschlands gibt es Barbakane. Auch in Deutschland gibt es viele Beispiele für diese Wehrbaute. Eines der Regionalen Beispiele ist hierbei die Burg Rheinberg im Rheingau-Taunus-Kreis in Hessen.16 Diese steht an der Spitze eines Hanges. An dessen Fuß ist eine Barbakane vorgeschaltet, dessen Ausgangstor mit dem Aufgang zur Burg verknüpft ist. Dadurch entsteht sowohl eine ausgezeichnete Verteidigungsposition gegen Angreifer, als auch eine gute Kontrollmöglichkeit von Ankömmlingen.

 

Abbildung 3: Barbakane Burg Rheinberg (Skizze) [+]

 

Hierbei lässt sich jedoch ein kleiner Unterschied zur klassischen Barbakane erkennen. (Bild 1) Die Funktion wird zwar erfüllt, jedoch ist die Barbakane der Burg Rheinberg nicht wirklich vorgeschaltet. Sie steht mit der Burgmauer in direkter Verbindung und ist somit nicht ganz eigenständig. Somit ist sie zwar eine Art Barbakane, aber nicht in ihrer klassischen Form.
 

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Böhme, Horst Wolfgang (1999): Burgen in Mitteleuropa. Ein Handbuch. Stuttgart, Darmstadt: Theiss; Wiss.
Buchges.

Grebe, Anja; Großmann, G. Ulrich (2007): Burgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Architektur und
Alltag. 1. Aufl. Petersberg: Imhof (Imhof Kulturgeschichte, 3).

Losse, Michael (2013): Das Burgenbuch. Stuttgart: Konrad Theiss Verlag.

M/S VisuCom GmbH: -- EBIDAT - Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstitutes --. M/S VisuCom GmbH.
Artikel: „Rheinberg“; Hans-Jürgen Hessel, Hofheim-Wallau; Dr. Jens Friedhoff, Limbach/Braubach; Dr. Reinhard
Friedrich, Mainz/Braubach; Online verfügbar unter http://www.ms-visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1961, zuletzt
geprüft am 12.06.2016.

Untermann, Matthias (2009): Handbuch der mittelalterlichen Architektur. Stuttgart: Theiss.

Wikipedia (Hg.) (2016): Barbakane. Online verfügbar unter
https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=135935988, zuletzt aktualisiert am 29.04.2016, zuletzt geprüft am
30.05.2016.

Wikipedia (Hg.) (2016): Ravelin. Online verfügbar unter https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=149506854,
zuletzt aktualisiert am 19.05.2016, zuletzt geprüft am 30.05.2016.
 


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

1 WIKIPEDIA, Barbakane, 29.04.2016, https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=135935988

2 HORST WOLFGANG BÖHME, Burgen in Mitteleuropa, Ein Handbuch, Stuttgart, Darmstadt, 1999, 250

3 ANJA GREBE, G. ULRICH GROßMANN, Burgen in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Architektur Aufl., Petersberg, 2007, 47 und Alltag, 1.

4 WIKIPEDIA, Barbakane, 29.04.2016, https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=135935988

5 GREBE, GROßMANN (Fn. 3), 47

6 BÖHME (Fn. 2), 250

7 GREBE, GROßMANN (Fn. 3), 48

8 WIKIPEDIA, Barbakane, 29.04.2016, https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=135935988

9 MATTHIAS UNTERMANN, Handbuch der mittelalterlichen Architektur, Stuttgart, 2009, 380

10 BÖHME (Fn. 2), 250

11 GREBE, GROßMANN (Fn. 3), 47

12 BÖHME (Fn. 2), 250

13 GREBE, GROßMANN (Fn. 3), 47

14 UNTERMANN (Fn. 9), 185

15 WIKIPEDIA, Ravelin, 19.05.2016, https://de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=149506854

16 M/S VISUCOM GMBH, -- EBIDAT - Burgendatenbank des Europäischen Burgeninstitutes visucom.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=1961
 

Abbildung 1: Zeichnung und Beschriftung: Schneider, Tim (2016) in Anlehnung an: Bild,
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Abbildung 2: Herrmann, Christofer; Foto Marburg;
Aufnahme-Nr. fmd458891;; (color); Aufn.-Datum: 2010; born digital;
Fotoinhalt: Ansicht von Westen

Abbildung 3: Zeichnung und Beschriftung: Schneider, Tim (2016) in Anlehnung an: Bild,
URL: http://www.ms-visucom.de/cgibin/
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0071122103546.gifAbbildung 1: Friedhofsmauer in Kiedrich
Abbildung 2: Michaelskapelle im Kirchhof von Kiedrich
Abbildung 3: Grabplatte im Kirchhof von Kiedrich
Alle Bilder sind von dem Verfasser persönlich an den angegebenen Orten erstellt.

 

Zitiervorschlag:
Schneider, Tim (2016): „Barbakane“, in: http://www.urbs-mediaevalis.de/pages/studienportal/gebaeudetypologie/wehrbauten/barbakane.php

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 23. November 2017
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schneider, Tim PDF

 

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