urbs-mediaevalis.de

8 Bauanalyse, stilistische Einordnung und Datierung

8.3.2.2 Nordportal

 
Das Gewände des Nordportales ist von außen nach innen gegliedert durch eine Kehle, in die ein Birnstab mit begleitendem Rundstab eingestellt ist, und  einen stärkeren Rundstab mit begleitendem dünnem Rundstab zwischen zwei Hohlkehlen, zur Tür hin nimmt eine Abfasung die Schräge des Gewändes auf (Abb. 45 und 218). Auffällig ist die Stellung des Birnstabes, der nicht diagonal steht, sondern im rechten Winkel zur Türöffnung. Er schert optisch aus der Schräge des Gewändes aus.
 
 
Abb. 45: Walpurgiskirche, Nordportal, Zeichnung von Mengel [+]   Abb. 218: Walpurgiskirche, Nordportal, östliches Gewände [+]

 

Dies wird besonders augenfällig, wenn man ähnliche Portale des Frankfurter Domes und der Stadtkirche Friedberg zum Vergleich heranzieht.
Am Frankfurter Dom befindet sich an der Stirnseite des Nordquerhauses ein Portal, in dessen Gewände drei Birnstäbe, die aus doppelt gestuften polygonalen Basen erwachsen,  zwischen tiefe Hohlkehlen eingestellt sind (Abb. 219). Das Portal ist etwa auf die Mitte des 14. Jahrhunderts zu datieren.268

Einen dem Frankfurter Portal sehr ähnlichen Formenapparat zeigt das Portal im dritten östlichen Joch der Stadtpfarrkirche von Friedberg, das wenig früher entstanden sein dürfte (Abb. 220).269 Der innere Stab ist nicht als Birnstab, sondern als Rundstab mit einem dünnen begleitenden Rundstab ausgebildet.
Das um 1370 erbaute Westportal der Friedberger Stadtkirche270 schließlich kommt in seinen Formen dem Alsfelder Nordportal am nächsten. Zwischen tiefen Kehlen erwachsen ein Birnstab und ein starker Rundstab mit zwei flankierenden dünneren Stäben ohne Vermittlung einer Basis direkt aus der Schräge des Sockels (Abb. 221).
 
   
Abb. 219: Frankfurt, St. Bartholomäus, Stirnseite des Nordquerhauses, Portalgewände [+]   Abb. 220: Friedberg, Stadtpfarrkirche, Langhaus, Portalgewände [+]   Abb. 221: Friedberg, Stadtpfarrkirche, Westportal, Gewände [+]

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Dehio-Cremer II 2008. Dehio, Georg: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Hessen II, Regierungsbezirk Darmstadt, bearb. von Folkhard Cremer, München [u.a.] 2008

Götz 2006. Götz, Ernst: Die Stadtkirche Unserer Lieben Frau in Friedberg in Hessen, Königstein 2006

Hampel 1994. Hampel, Andrea: Der Kaiserdom zu Frankfurt am Main. Ausgrabungen 1991-93, Nußloch 1994 (Beiträge zum Denkmalschutz in Frankfurt am Main, Bd. 8)

Mengel 1995. Mengel, Karl A.: Zur Baugeschichte des Turmes der Walpurgiskirche, in: Festschrift zum 600jährigen Turmjubiläum der Walpurgiskirche Alsfeld, Alsfeld 1995, S. 11-20


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

268 Hampel 1994, S. 90
269 Götz 2006, S. 34
270 Dehio-Cremer II 2008, S. 324
 
Abb. 45: Mengel, Karl August (Alsfeld)
Abb. 218-221: Schmelz, Annette 2008

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

 

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

print