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8 Bauanalyse, stilistische Einordnung und Datierung

8.4.1.2 Portale

 
Von der Südseite führen zwei Eingänge in den Chor. Die Tür im westlichen Joch ist von einem Schulterbogen unter einem spitzbogigen Tympanon überfangen (Abb. 231), innen dagegen ist die Türöffnung einfach rechtwinklig in die Mauer eingeschnitten mit einem dreieckigen Giebelbogen (Abb. 232). 
 
 
Abb. 231: Walpurgiskirche, Chor, Südseite, westliche Tür von außen [+]   Abb. 232: Walpurgiskirche, Chor, Südseite, westliche Tür von innen [+]

 

Die schmale Türöffnung und der Schulterbogen erinnern ein wenig an die Sakristeitür und deren Konsolsturz (Abb. 103). Das äußere Gewände lehnt sich mit seiner beidseitig abgefasten Hohlkehle dem Gewände der Fenster an. Der Stein ist jedoch weitgehend unverwittert, die auffällig großen Quader scheinen nachträglich in das Bruchsteinmauerwerk des Chores eingesetzt worden zu sein, wahrscheinlich im Rahmen einer Restaurierungsmaßnahme. Auch die Maßwerkformen des Tympanons, die über die Kehlung des Gewändes verlaufen, sind wohl neueren Datums. Die Tür ersetzt sicherlich eine ältere Tür, denn nach Auskunft von Gilsa und Leusler befand sich an dieser Stelle eine Tür, die älter war als die Chortür im dritten Joch von Westen, die gegenüber dem Pfarrhaus liegt.  
Abb. 103: Walpurgiskirche, Sakristeitür [+]
 

Nach Gilsa und Leusler wurde die Tür „gegen dem Pfarrhaus über“ zu der Zeit in den Chor „gebrochen und aufgemauret“, „als die neuen Bohrlauben (d.i. Emporen) im Chor gebauet“ wurden.276 Folgt man Schmidts Datierung, so wäre die südöstliche Chortür um 1638 entstanden.277 Allerdings scheint auch diese Türöffnung nachträglich verändert worden zu sein. Von außen schneidet sie rechtwinklig in die Wand ein, nur im Bereich des Spitzbogens ist sie leicht abgefast (Abb. 233). Im Chorinneren ist die Türöffnung von einem hervortretenden, kräftig profilierten Gewände überfangen (Abb. 234).

 
Abb. 233: Walpurgiskirche, Chor, Südseite, östliche Tür von außen [+]   Abb. 234: Walpurgiskirche, Chor, Südseite, östliche Tür von innen [+]

 

Es erscheint in seinen Formen vergleichbar der Nische im Chorscheitel (Abb. 54). Eine so weit aus der Wand hervortretende Form würde man eher im Außenbereich eines Gebäudes vermuten. Es stellt sich daher die Frage, ob das Gewände vielleicht aus der Erbauungszeit des Chores stammt und erst nachträglich an seinen heutigen Standort transferiert wurde.

Abb. 54: Walpurgiskirche, Nische im Chorscheitel [+]

 

Literatur- und Quellenverzeichnis

Gilsa/Leusler 1664. Gilsa, Moritz von/Leusler, Heinrich: Chorographia. Ausführliche und gründliche Beschreibung der Stadt und Bezirks Alßfeldt im Ober-Fürstentum Hessen gelegen, 1664, in: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins der Stadt Alsfeld, 5, 1918-1925, Nr. 14-21, S. 82-162

Schmidt 1993. Schmidt, Frank: Kirchenbau und Kirchenausstattung in der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt von der Reformation bis 1803, 2 Bde., Phil. Diss. Heidelberg 1993


Anmerkungen und Abbildungsverzeichnis

276 Gilsa/Leusler 1664, S. 102
277 Schmidt 1993, S. 60-61
 
Abb. 54, 103, 231-234: Schmelz, Annette 2008

 

Zitiervorschlag:
Schmelz, Annette (2008): „Walpurgiskirche Alsfeld“, in:  www.urbs-mediaevalis.de/pages/staedtetopographie/bull-staedte-a/alsfeld/kirchplatz-1.php

 

Autorengruppe: Studentin / Studentletzte Aktualisierung dieser Seite: 07. Juni 2019
Autorin(nen) oder Autor(en)
: Schmelz, Annette PDF

 

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